Pressemitteilung der Remscheider Naturschutzverbände
Remscheid klagt seit Jahrzehnten über den Mangel an Bauflächen. Es herrscht Flächennotstand, Gewerbeflächen fehlen. Wertvolle Flächen z. B. an der Neuenkamper Straße, wurden an Discounter und Fastfood- Ketten vergeben. Kreative Ideen für eine zukunftsweisende Stadtentwicklung gab es seitens Politik und Verwaltung nicht oder sie konnten nicht umgesetzt werden.
Nun soll ein Interkommunales Gewerbegebiet, ein kreisübergreifendes Gewerbegebiet auf der grünen Wiese entwickelt werden. Zwölf 12 Gutachten sollen hierfür in Auftrag gegeben werden. Als erstes wurde das Artenschutzgutachten beauftragt, das seit November 2020 der Öffentlichkeit vorliegt. Nach Ansicht des Gutachters erfordert lediglich der Baumpieper eine Berücksichtigung im Rahmen des Bauvorhabens. Vorkommen planungsrelevanter Fledermaus- und Vogelarten stünden dem Vorhaben nicht entgegen und könnten sich an das Bauvorhaben anpassen. Auch die Feldgehölzinseln könnten problemlos gefällt werden. Hierzu zählt auch ein Eichenwäldchen mit einigen Bruthöhlen , so die Aussage des Gutachters.
Dieser Auffassung wird seitens des Naturschutzes vehement widersprochen. Im Remscheider so genannten Gewerbegebietes Gleisdreieck, brüteten noch in den 1990 Jahren eine Anzahl von Kiebitz-Paare. Eine geeignete Ausgleichsfläche für die Industriebebauung wurde vom damaligen Landschaftsbeirat an der nahegelegenen, ehemaligen Tierkörperbeseitigungsanstalt gesehen. Diese stand aber nicht zur Verfügung und konnte auch in der Folge nicht entwickelt werden. Der Kiebitz verschwand auch andernorts in Remscheid und der Region; er gilt aktuell in Remscheid als ausgestorben.
So könnte es auch dem von Moritz Schulze (Nabu Remscheid) auf den Äckern des Gleisdreiecks dokumentierten Feldlerchenpaar ergehen, welches pikanterweise nicht von den vom Vorhabenträger beauftragten Gutachtern erfasst wurde. Auch diese einst typische Feldvogelart steht in Remscheid mittlerweile unmittelbar vor dem Aussterben. Der Remscheider Brutbestand besteht aktuell noch aus maximal zwei Brutpaaren, wovon eins bei der Umsetzung des Bauprojekts seinen Lebensraum verlieren würde. Dies erfordere ein artenschutzrechtliches Ausnahmeverfahren, dessen Voraussetzungen jedoch kaum vollständig zu erbringen sein dürften, da nachgewiesen werden muss, dass sich der Erhaltungszustand der lokalen Population nicht vorhabenbedingt verschlechtert. Ausgleichsmaßnahmen sind zumeist nicht zielführend, müssen vorgezogen wirksam und in ihrem Erfolg belegt sein, bevor das Vorhaben genehmigt werden kann.
In Remscheid und Umgebung existieren kaum noch vergleichbare Ackerstandorte, die für einen zielführenden Ausgleich in Frage kommen. Zudem wurden weitere durch ehrenamtliche des NABU nachgewiesene planungsrelevante Arten, wie etwa Neuntöter, Wachtel (ebenso wie die Feldlerche eine in Remscheid äußerst seltene Feldvogelart) und Schwarzstorch nicht durch die Gutachter nachgewiesen und somit auch nicht gutachterlich bewertet.
Die Waldschnepfe. die sicher im unmittelbar benachbarten Eifgenquellgebiet als Brutvogel vorkommt erscheint ebenfalls nicht im Gutachten. Das Gutachten ist somit fehlerhaft, nicht rechtssicher und stellt keine ausreichende Grundlage zur Genehmigung des Vorhabens dar. Beackerte Hochflächen sind in Remscheid und Umgebung mittlerweile seltene Lebensräume, die stark bestandsbedrohter Arten beherbergen. Eine weitere Inanspruchnahme zu baulichen Zwecken führt zum Verschwinden der letzten Feldvogelpopulationen und widerspräche dem Ziel, den Flächenverbrauch zu verringern. Ackerböden speichern außerdem CO2 und sind zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion wichtig. Sie sind Teil der erhaltenswürdigen, bäuerlichen Kulturlandschaft, die es laut rechtskräftigem Landschaftsplan der Stadt Remscheid auch im Gleisdreieck zu erhalten gilt.